Behinderung und Entwicklungs­zusammen­arbeit e.V.

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Jubiläum: 30 Jahre im Einsatz für Inklusion und Teilhabe

Essen, 25. Februar 2025: Ein Rückblick

Liebe Freund*innen von bezev,

heute vor genau 30 Jahren, am 25.02.1995, wurde Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e. V. (bezev) gegründet. Seitdem ist einiges passiert und wir möchten uns mit diesem Sondernewsletter herzlichst für Ihr Engagement und Interesse bedanken! Wir laden Sie in diesem Sondernewsletter dazu ein, gemeinsam einen Rückblick auf die vergangenen 30 Jahre zu werfen.  Offiziell gegründet wurde bezev vor genau 30 Jahren. Doch im Vorfeld gab es bereits mehrere Arbeitskreise, wie den von unserer Geschäftsführerin Gabriele Weigt gegründeten Arbeitskreis „Behinderung und Dritte Welt“ im Jahr 1985 an der Universität Köln. Dieser war in Deutschland der erste Arbeitskreis, der sich für Inklusion und Teilhabe einsetzte. 1995 formierte sich dann aus dem Arbeitskreis „Behinderung und Organisationen in der Entwicklungszusammenarbeit“ der Verein „Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e. V. (bezev)“, um effektiver und auf einer rechtlichen Basis das Hauptanliegen voranzubringen: die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen / Beeinträchtigungen weltweit.

Zunächst verfolgte bezev primär durch Symposien, Tagungen und Informations- und Bildungsarbeit sein Anliegen, da in der Fach- sowie der allgemeinen Öffentlichkeit nur sehr wenig Informationen über die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung vorhanden waren. Es folgten viele weitere Informationskampagnen in Form von Ausstellungen und Broschüren, die auf die Zusammenhänge von Behinderung und Entwicklung aufmerksam machten.

Im Laufe der Jahre hat sich der Verein verändert und vergrößert. Heute setzt sich bezev in vielen verschiedenen Bereichen für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung / Beeinträchtigung an entwicklungspolitischen Themen ein, die wir Ihnen im Folgenden vorstellen werden. Seit 1990 publiziert bezev dreimal jährlich die Zeitschrift „Behinderung und internationale Entwicklung“. Die Zeitschrift diskutiert auf akademischer Ebene sozial- und entwicklungspolitische, interkulturelle und pädagogische Fragestellungen im Zusammenhang der Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen / Behinderungen im Globalen Süden. Jede Ausgabe ist einem Schwerpunktthema gewidmet, das durch Einzelbeiträge und einen aktuellen Informationsteil ergänzt wird. Es ist die einzige fachwissenschaftliche Zeitschrift im deutschsprachigen Raum, die sich mit der Frage von Inklusion und Teilhabe der Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt. Neben wissenschaftlichen und praxisorientierten Artikeln aus allen Teilen der Welt, enthält die Zeitschrift inklusive Praxisbeispiele, Kurznachrichten, Literaturhinweise und Event-Ankündigungen, für die Leser*innen. Es wird außerdem darauf geachtet, dass viele Beiträge von Menschen oder Organisationen sind, die aus dem Globalen Süden stammen. Im Laufe der Jahre haben über 500 Autor*innen zu der Zeitschrift beigetragen und jede Publikation wird durchschnittlich über 1.000 Mal heruntergeladen.

Des Weiteren setzt sich bezev auf politischer Ebene für Inklusion und Teilhabe ein, vor allem auf nationaler und UN-Ebene. Von Beginn an beteiligte sich bezev in der VENRO-Arbeitsgruppe „Behinderung in Entwicklungsländern“, die 2000 entstand. Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe haben wir substanziell dazu beigetragen, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 2013 einen Aktionsplan verabschiedete, in dem sich die deutsche Entwicklungspolitik zu einem inklusiven Ansatz verpflichtet und seit 2024 durch einen sogenannten „Inklusionsmarker“ erfasst wird, ob Menschen mit Behinderungen in der deutschen Entwicklungshilfe berücksichtigt werden. Außerdem nutzt bezev seinen UN-ECOSOC-Beraterstatus, um auf internationaler Ebene dafür zu werben, dass internationale Vereinbarungen die Inklusion von Menschen mit Behinderungen aufnehmen. Ein hier erreichter Meilenstein ist, dass in der Agenda 2030 in mehreren Zielen Menschen mit Behinderungen explizit berücksichtigt werden. 

Zudem unterstützt bezev im Rahmen der Arbeit verschiedene Partner und Projekte im Ausland. Durch all diese Auslandsprojekte möchten wir das Leben von Menschen mit Behinderung in Ländern des Globalen Südens verbessern. Wichtigstes Ziel ist es, zu einer nachhaltigen Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen mit Beeinträchtigung / Behinderung beizutragen. So ermöglichen die Projekte beispielsweise Zugang zu Bildung, stellen gesundheitliche Versorgung sicher oder fördern Möglichkeiten zur Einkommenssicherung. Damit stärken die Projekte die soziale, gesundheitliche und wirtschaftliche Entwicklung von Menschen mit Behinderung und schaffen Perspektiven für eine bessere Zukunft. Ein Beispiel ist unsere Zusammenarbeit mit ADED (Appui au Développement de l’Enfant en Détresse) in Uvira, eine Stadt in der Demokratischen Republik Kongo, welche seit 2020 besteht. Der Projektpartner arbeitet mit Menschen mit und ohne Behinderung in Uvira. bezev unterstützt ADED zum einen als Vermittler gegenüber dem BMZ und übernimmt administrativ das Finanz- und Projektmonitoring. So konnte der inklusive Ausbau der Saint-Pierre-Grundschule gefördert werden. ADED konnte außerdem Fortbildungen und Sensibilisierungsmaßnahmen für Lehrkräfte, Schulpersonal, Eltern & Schüler*innen durchführen, junge Menschen mit und ohne Behinderung in Ausbildungsmaßnahmen vermitteln und Fortbildungen zum Thema Wirtschaft / Finanzen für Uviras Bewohner*innen durchführen. Besonders nennenswert ist auch unser erstes Auslandsprojekt „Feria Libre – El Arenal“ in Cuenca, Ecuador. Das Projekt arbeitet präventiv und inklusiv und unterstützt so Kinder, die auf dem lokalen Markt in Cuenca arbeiten. Bezev fördert das Projekt seit 1994 zum einen durch Spenden und zum anderen durch die Entsendung von Freiwilligen im Rahmen des weltwärts Programms. Somit kann mithilfe unserer Unterstützung die körperliche, geistige und soziale Entwicklung der Kinder gefördert werden.

Weiterhin ist bezev seit 2005 im Bereich Globales Lernen und Inklusive Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) engagiert. Bezev erstellt innovative und inklusive Unterrichtsmaterialien für verschiedene Klassenstufen für den Einsatz im gemeinsamen Lernen. Außerdem werden Fortbildungen und Workshops für Lehrkräfte durchgeführt. All dies hat zum Ziel, dass ein inklusiver Unterricht und gemeinsames Lernen ermöglicht wird und Kompetenzen über den verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen in die Breite der Gesellschaft getragen werden. Seit 2005 hat bezev insgesamt sieben inklusive BNE-Materialien erstellt, die aus Handbüchern, digitalen Arbeitsblättern, Adaptationen für verschiedene Unterstützungsbedarfe und Materialkisten bestehen. Über die Handbücher kann zusätzlich Unterstützung für spezielle Bedarfe abgerufen werden, damit Menschen mit Behinderungen auch zu Akteuren einer nachhaltigen Entwicklung werden können. Thematisch liegt der Fokus der Materialien auf globalen Themen wie Inklusion, Klimaschutz, faire Wertschöpfungsketten und Globalisierung. Ein großer Erfolg war, dass die Verbraucherzentrale zwei BNE-Materialien als sehr gut bewertet hat und bezev 2024 von der UNESCO-Kommission als Top-20-Initative ausgezeichnet wurde.

Seit 2008 ist der Verein Entsendeorganisation des weltwärts Freiwilligendienst und hat insgesamt knapp 300 Freiwillige mit und ohne Behinderung zwischen 18-35 Jahren in 18 verschiedene Länder auf dem asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Kontinent entsendet. In ihrem Freiwilligendienst sollen die Freiwilligen Organisationen bei der Verbesserung der Lebensumstände von Menschen mit Beeinträchtigung / Behinderungen unterstützen und neue Perspektiven im Austausch mit der Welt gewinnen. Daher liegen bezevs Partnerorganisationen alle in diesem Bereich. Ein wichtiger Meilenstein war die erste inklusive Entsendung von jungen Menschen mit Behinderung im Jahr 2012/13. Aufbauend auf einem Pilotprojekt im Auftrag des BMZ wurden inklusiv Freiwillige mit und ohne Behinderung auf ihren Freiwilligendienst vorbereitet. Dies war in vielerlei Hinsicht besonders, da bezev damit deutschlandweit die erste Organisation war, die inklusiv entsendet hat. Um weltwärts noch inklusiver zu gestalten und andere Organisationen zu einer inklusiven Entsendung zu bewegen, wurde 2015 das Kompetenzzentrum für die Inklusion von Freiwilligen mit Beeinträchtigung / Behinderung gegründet. Von 2015-2022 hat bezev innerhalb des Kompetenzzentrums Teilhabebarrieren abgebaut und viele Menschen mit Beeinträchtigung / Behinderung dabei unterstützt, einen Freiwilligendienst zu absolvieren. So konnten bis 2022 insgesamt 240 Freiwillige mit Beeinträchtigung / Behinderung in den weltwärts-Freiwilligendienst entsendet werden.

Dies war nur eine kurze Zusammenfassung der Errungenschaften der letzten 30 Jahre und bezevs aktuellen Arbeitsbereichen.

Ein kurzer Blick in die Gegenwart und unsere unmittelbare Zukunft zeigt, dass die unkonkrete Haushaltssituation sowie die kontinuierlichen Kürzungen von sozialen Projekten auch bezev sehr belasten. Im nächsten Jahr können aufgrund mangelnder Finanzierung keine weltwärts-Entsendungen stattfinden und wir müssen langjährigen Projektpartnern mitteilen, dass wir sie vorerst nicht mehr unterstützen können. Aber wir werden weitermachen und unser Bestes geben, die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen voranzubringen. Damit wir unsere Arbeit auch in der aktuellen politischen Lage weiter fortsetzen können, sind wir mehr denn je auf Spenden, Förderung und engagierte Mitglieder angewiesen.

Wir freuen uns sehr, dass Sie uns bis hierhin begleitet haben und sind sehr gespannt, was in den nächsten 30 Jahren auf uns zukommen wird! Wir stoßen an auf bezev und auf alle Menschen, die uns bis zu diesem Punkt begleitet haben. Ohne sie wäre all dies nicht möglich gewesen. Vielen herzlichen Dank an die vielen Menschen, die sich ehrenamtlich für bezev engagiert haben, sei es im Vorstand oder bei Projekten. Nicht zu vergessen unsere vielfältigen Fördermittel-Geber*innen, ohne deren finanzielle Unterstützung die Maßnahmen nicht umsetzbar gewesen wären – und natürlich die ehemaligen Mitarbeitenden und die bezev-Mitglieder*innen, die uns schon so lange die Treue halten. Ihnen allen danken wir sehr herzlich und freuen uns auf alles, was in den nächsten 30 Jahren noch so kommt!

Bildunterschrift: Die Anfänge von bezev.

Bildunterschrift: Die Anfänge von bezev.

Bildunterschrift: Titelseite der Zeitschrift „Behinderung und internationale Entwicklung“

Bildunterschrift: Titelseite der Zeitschrift „Behinderung und internationale Entwicklung“

Teilnehmer*innen des Treffens

Teilnehmer*innen des Treffens

Bildunterschrift: Übersicht der bisher von bezev veröffentlichten BNE-Materialien.

Bildunterschrift: Übersicht der bisher von bezev veröffentlichten BNE-Materialien.

Bildunterschrift: Gruppenfoto vom Rückkehrendenseminar 2023

Bildunterschrift: Gruppenfoto vom Rückkehrendenseminar 2023